30. November – 21. Dezember 2013
H.R. Fricker interveniert mit einer 40-teiligen Textarbeit (Charaktersatz) in diese Ausstellung.
Die folgenden KünstlerInnen sind mit Werken vertreten:
Ueli Alder | Rik Beemsterboer | Beni Bischof | Nicole Böniger | Julia Bornefeld | Karin Bühler | Andrea Giuseppe Corciulo | Hadrien Dussoix | Alex Hanimann | Michael Kienzer | Valentin Magaro | Vera Marke | Alexandra Maurer | Vera Ida Müller | Josef Felix Müller | Marianne Rinderknecht | Pascal Seiler | Christian Vetter
Paul Hafner feiert mit der aktuellen Ausstellung das 20-Jahre-Jubiläum seiner Galerie, die er gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin Daniela Schertenleib erst an der Hinteren Bahnhofstrasse, und seit zwölf Jahren im Lagerhaus betreibt.
H.R. Frickers Emailschilder «umrahmen» die Ausstellung wie eine feierlich aufgesetzte Jubelkrone. Es gibt die je 40 Schilder in zwei Serien. Die eine bespielt als Installation das ganze Gebäude des neuen Blutspendezentrums, die andere nun die Jubiläumsausstellung bei Paul Hafner. Die Textarbeit des Konzeptkünstlers fügt sich als augenzwinkernder Seitenblick in die Ausstellung ein, die eigentlich keine ist: Paul Hafner hat alle Werke so gut mit Papier und Plastikfolie eingewickelt, dass nichts von Kunst nach aussen dringt. Nur die Namen der jeweiligen Künstlerinnen und Künstler plus der Verkaufspreis sind vermerkt. Unter der Bedingung, die jeweiligen Werke ungesehen zu kaufen, reduziert der Galerist den Preis um zwanzig Prozent. Will heissen: Man kauft praktisch die Katze im Sack – doch wer die Auswahl der Kunstschaffenden sieht, welche alle in den vergangenen fünf Jahren bei Hafner ausstellten, ahnt, dass das Risiko klein sein dürfte, ein filziges und abgemagertes Krallentier aus dem Sack zu ziehen.
Vom Grafiker zum Galeristen
Ein Werk ungesehen zu kaufen, kann weiter bedeuten, dem Galeristen, der die Werke kennt und selber verpackt hat, das Vertrauen auszusprechen. Hafner selbst will mit dieser originellen Aktion den Kunstbetrieb an sich ein bisschen kitzeln: Was darf wie viel kosten? Was ist gute, was schlechte Kunst? Was zu teure, was zu billige Kunst? Ist das Teure immer besser als das Erschwingliche? Wo setzt das kunstinteressierte Publikum die Messlatte an? In den vergangenen zwanzig Jahren kreiste die Tätigkeit des Galeristen immer wieder um solche Fragen. Er hatte nach Ausbildungen als Primarlehrer und Grafiker etliche Jahre in Berlin und Südamerika gelebt, bevor er gemeinsam mit Daniela Schertenleib Ende der 80er-Jahre an der Hinteren Bahnhofstrasse Atelierräume mietete, wo beide als Grafiker tätig waren. Die Idee einer Galerie entwickelte sich dort aus den dafür geeigneten Räumlichkeiten, ausserdem besassen beide seit vielen Jahren eine grosse Affinität für bildende Kunst. Julia Bornefeld und Tobias Pils gehörten zu den ersten international tätigen Kunstschaffenden, die Hafner zeigte und bis heute betreut. Auftrieb gaben die Einladungen an die Kunstmessen Zürich und Frankfurt. Der Galerist konnte nicht nur sein Kunstund Kunstmarktverständnis schulen, sondern auch zahlreiche wertvolle Kontakte knüpfen. Als er vor zwölf Jahren in die bis zu diesem Zeitpunkt noch leer stehenden Räume im Lagerhaus zog, war er in guter Nachbarschaft: Susanna Kulli, längst nach Zürich weitergezogen, arbeitete als Galeristin praktisch next door. Ja, die Abwanderung nach Zürich sei durchaus auch für ihn schon im Raum gestanden. »Doch in Zürich wäre ich einer unter vielen, hier bin ich einer der Besten. Doch St. Gallen ist ein hartes Pflaster, wenn man nicht zu den Top-Playern gehört«, sagt Paul Hafner.
Auswahl an Hochkarätigem
Warum das so ist, kann er nicht schlüssig beantworten, vermutet aber, dass ein Publikum, das zeitgenössische Kunst sucht und kauft, sich international bewegt und umschaut – auch wenn es vor der eigenen Haustüre womöglich mindestens so gute und erst noch günstigere Werke zu haben gibt. Unter den eingepackten Wundertüten finden sich Bilder und Skulpturen/Objekte von Julia Bornefeld, Vera Ida Müller und ihrem Vater Josef Felix, Karin Bühler, Nicole Böniger, Michael Kienzer, Alex Hanimann, Alexandra Maurer, Christian Vetter, Marianne Rinderknecht, Vera Marke , Rick Beemsterboer, Andrea Corciulo, Valentin Magaro, Hadrien Dussoix und Ueli Alder und Beni Bischof, der gleichzeitig, dort allerdings in der unverpackten Variante, beim zweiten Erstrangigen unter den noch verbleibenden Galeristen in der Stadt, bei Christian Roellin, zu Gast ist.
Brigitte Schmid-Gugler
St.Galler Tagblatt | 6. Dezember 2013
6. Januar – 15. Februar 2014
Der Galerist Paul Hafner hatte für seine 20-Jahr-Jubiläumsausstellung sämtliche Werke in Plastikfolie oder Papier verpackt. Die Idee, die man zuerst verdauen musste, kam beim Publikum so gut an, dass die Ausstellung – nunmehr mit den ausgepackten Werken – um zwei Wochen verlängert wird.
Es war eine rechte Herausforderung gewesen Anfang Dezember. Da stand man in einer Ausstellung, in der es eigentlich nichts zu sehen gab: Paul Hafner hatte sich für das 20-Jahr-Jubiläum seiner Galerie etwas ganz besonderes einfallen lassen und verpackte kurzerhand alle Exponate – ausser H.R. Frickers Emailschilder. Nur die Namen der Kunstschaffenden und die Preise der Werke schrieb er auf weisse Kärtchen. Wer bereit war, ein Werk ungesehen zu erstehen und somit darauf vertraute, nicht die Katze im Sack zu kaufen, bekam zwanzig Prozent Rabatt. Heute nun kann berichtet werden, dass sich verpackte Kunst eigentlich besser verkauft als unverpackte. Ob das daran liegt, dass einfach alle Käufer schon immer gerne einen »Christo« zu Hause gehabt hätten, oder war eher die nahende Weihnacht der Grund, ein Schnäppchen-Päckli zu ergattern? Vermutlich erklärt man den Erfolg dieser unkonventionellen Idee mit dem Vertrauen, das der Galerist beim kunstinteressierten Publikum geniesst. Die Namen, die er seit vielen Jahren in seinem Programm hat, lassen sich sehen. Zahlreiche Kunstschaffende, die er als Galerist betreut, sind international tätig. Auf das Datum des ursprünglich angesetzten Ausstellungsendes am vergangenen Samstag packte Hafner verkaufte und unverkaufte Werke aus. Es kamen so viele Leute an die Finissage, dass er beschloss, zwei Wochen zu verlängern. Endlich bekommt man zu sehen, was hier angerichtet wurde. Im unförmigen Paket beim Eingang war Rik Beemsterboers Hund. Kein toter natürlich, sondern ein fröhlich rennender auf bemaltem Holz. Josef Felix Müller hatte seine Werkbücher und Multiples in die (noch nicht verkaufte) Kiste im Bildvordergrund. Ein Besuch lohnt sich.
Brigitte Schmid-Gugler
St.Galler Tagblatt | 8. Februar 2014